Mikroplastik – unsichtbare Gefahr für unsere Gesundheit

Ohne Wasser kein Leben. Die Erde ist ein Wasserplanet, bestehen doch gut zwei Drittel seiner Oberfläche aus Wasser. Dasselbe gilt für unseren Körper, und füllen wir unser „Körperreservoir“ nicht regelmäßig mit reinem Wasser auf, so sind wir spätestens nach einer Woche nicht mehr am Leben. Es liegt daher auf der Hand, dass wir dem kostbaren Nass mit größtem Respekt begegnen und es schützen und seine Reinheit bewahren müssen.

Davon sind wir derzeit aber leider ziemlich weit entfernt. Die Gewässer der Welt sind durch (Industrie-)Abfälle, Pestizide und Düngemittel, Elektrosmog (neuestens sogar auch unter Wasser), Medikamentenrückstände oder auch Plastik massiv belastet. Insbesondere Mikroplastik (Plastikpartikel, die kleiner sind als 5 Millimeter) wird zunehmend zum Problem. Mikroplastik entsteht beispielsweise durch den Abrieb von Autopneus, durch synthetische Fasern von Kleidungsstücken, welche direkt oder beim Waschen in die Umwelt gelangen, durch weggeworfene Zigarettenkippen, durch kleinste Plastikpartikel etwa in Kosmetikprodukten, Zahnpasta oder Duschpeelings, aber auch dann, wenn sich Plastik in der Umwelt zersetzt. Am Ende landen die Mikroplastikpartikel in der Regel in den Ozeanen, wo bereits mehr als 5 Billionen kleinste Teilchen auf der Wasseroberfläche schwimmen.

Jeder Mensch auf dem Planeten produziert pro Jahr rund ein Kilogramm Mikroplastik, was dazu führt, dass Mikroplastik heute praktisch überall vorkommt, sei es im Trinkwasser, im Boden oder sogar in unseren Nahrungsmitteln. Bereits 2009 ließen sich Kunststoffrückstände bei 95 von 100 Österreichern im Blut nachweisen.1)https://www.researchgate.net/publication/236595527_Schadstoffe_im_Menschen_-_Ergebnisse_einer_Human-Biomonitoring-Studie_in_Osterreich 2018 fanden Forscher der Universität Wien erstmals auch Mikroplastik im menschlichen Stuhl, was belegt, dass Mikroplastik auch über die Nahrung in unseren Körper gelangt.2)https://www.researchgate.net/publication/328702413_ASSESSMENT_OF_MICROPLASTIC_CONCENTRATIONS_IN_HUMAN_STOOL_-_FINAL_RESULTS_OF_A_PROSPECTIVE_STUDY Tatsächlich nimmt jeder Mensch im Durchschnitt pro Woche rund 5 Gramm Plastik zu sich, was ungefähr 2’000 Mikroplastikteilchen oder, etwas plastischer dargestellt, einer Kreditkarte entspricht.3)https://www.newcastle.edu.au/newsroom/featured/plastic-ingestion-by-people-could-be-equating-to-a-credit-card-a-week

Wer nun denkt, er könnte seinen Mikroplastik-„Konsum“ verringern, indem er in Flaschen abgefülltes Wasser trinkt, sieht sich getäuscht. Tatsächlich nimmt man, wenn man nur Wasser aus Plastikflaschen trinkt, jährlich sogar zusätzlich rund 90’000 Mikroplastikteilchen – also rund 45 Kreditkarten mehr – in den Körper auf. Studien zeigen, dass Trinkwasser in Plastikflaschen rund doppelt so viel Mikroplastik enthält wie Leitungswasser. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Produkten gewaltig. So enthielt von den getesteten Mineralwässern das Produkt Nestlé Pure Life 10’390 Mikroplastikpartikel pro Liter, beim am wenigsten belasteten Produkt, San Pellegrino, waren es 74 Partikel pro Liter.4)https://childrenshealthdefense.org/defender/bottled-water-twice-micro-plastic-tap/ sowie https://orbmedia.org/plus-plastic

Die Plastik-Problematik hat durch den Covid-Müll noch einmal ganz neue Dimensionen angenommen und die Bemühungen der letzten Jahre zur Eindämmung des Plastikverbrauchs praktisch zunichte gemacht. Wie die WHO in einem am 1. Februar 2022 publizierten Bericht5)https://www.who.int/publications/i/item/9789240039612 festhält, hat die Müllmenge durch die Corona-Massnahmen massiv zugenommen. Schnelltests, Schutzbekleidung, Einweghandschuhe, Desinfektionsmittel, das alles produziert Hundertausende zusätzliche Mengen an Abfall, der selten fachgerecht entsorgt wird. Dies gilt insbesondere für die Gesichtsmasken, die in der Regel aus einer oder mehreren Schichten Kunststoff, meist sehr lange haltbarem Polypropylen, bestehen. Weltweit werden jeden Monat rund 129 Milliarden Masken verwendet – rund drei Millionen Masken pro Minute! –, womit die Produktion von Einwegmasken mittlerweile ähnliche Ausmasse angenommen hat wie die von Plastikflaschen und -säcken. Forscher der University of Southern Denmark und der Princeton University warnten daher, dass Gesichtsmasken häufig nicht richtig entsorgt würden (oft werden sie einfach achtlos irgendwo in der Umwelt weggeworfen, wo sie zu Mikroplastik zerfallen) und damit zum weltweiten Umweltproblem werden könnten.6)https://www.engineering.org.cn/en/10.1007/s11783-021-1413-7

Die Auswirkungen von Mikroplastik im menschlichen Körper sind vielfältig und keineswegs auf die leichte Schulter zu nehmen. So wird Mikroplastik etwa mit Fettleibigkeit, Diabetes, Herzkrankheiten, Krebs, Fortpflanzungsproblemen und Aufmerksamkeitsstörungen in Verbindung gebracht.7)https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rstb.2009.0053 Andere Studien belegen, dass eingeatmetes Mikroplastik die Lunge beeinträchtigen8)https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7424328/ sowie die Blut-Hirn-Schranke durchdringen und Hirnzellen schädigen kann.9)https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7282048/ Auch eine neue Studie der Hull York Medical School vom Dezember 2021 kommt zum Schluss, dass wir Mikroplastik in toxischen Mengen zu uns nehmen und der Körper unter anderem mit Allergien und Zelltod darauf reagiert.10)https://www.york.ac.uk/news-and-events/news/2021/research/microplastics-harmful-human-cells/

Die Anfang März 2022 von der UNO-Umweltversammlung beschlossene Resolution zur Aushandlung eines umfassenden globalen Plastikabkommens ist daher ein Schritt in die richtige Richtung. Die Verhandlungen, die in der zweiten Jahreshälfte beginnen werden, sollen bis Ende 2024 in einem verbindlichen Beschluss gipfeln, welcher die Plastikproblematik gewissermassen von der Wiege zur Bahre regelt, indem sowohl die globale Plastikproduktion reduziert, Möglichkeiten zur Verlängerung der Lebendauer von Plastikgütern entwickelt sowie bessere Recycling- und Entsorgungslösungen gefunden werden sollen.

Bis allerdings wirklich griffige Massnahmen umgesetzt werden, dürfte es noch ein Weilchen dauern. In der Zwischenzeit kann jede und jeder Einzelne etwas zur Entschärfung des Plastikproblems beitragen, indem sie oder er den eigenen Plastikverbrauch einschränkt. Konkrete Tipps finden Sie in unserer Broschüre „Plastik – Es ist Zeit aufzuräumen!“.

Veröffentlicht am in den Kategorien Plastik, Meere

https://www.naturalscience.org/de/news/2022/03/mikroplastik-unsichtbare-gefahr-fuer-unsere-gesundheit/